Sinnentstellende Druck- und Satzfehler konnten manchmal erhebliche Folgen haben. 

Ein – zumindest in den Augen echter Marxisten-Leninisten – gravierender sinnent­stellen­­der Fehler tauchte Ende 1979 in der Schrift Philosophie und Politik des Chef-Ideologen der DDR Kurt Hager auf. Der bewirkte, dass schriftlich und in großer Auflage weltweit eine ungewöhnliche Aussage des Politikers verbreitet wurde: „Gesellschaftliche Garantien zum Missbrauch von Forschungsresultaten bietet aber allein der Sozialismus“.

Das war, aus dem Munde des auch für Wissenschaft zuständigen Politbüromitglieds, natürlich ein Fauxpas. Der Grundtenor des Hagerschen Textes besagte das Gegenteil. Marxistisch-leninistische Lehrmeinung war, allein der Sozialismus verhindere den Missbrauch der Wissenschaft.

Die ketzerische Aussage blieb offenbar völlig unbeachtet, in Ost wie in West. Zwei bundesrepublikanische Experten erwähnten auf der "16. Tagung zum Stand der DDR-Forschung" ausdrücklich, dass sich Kurt Hager in seinem Text „in aller Breite mit der Mole-kulargenetik beschäftigt“, hatten ihn also gelesen. Aber auf den Fauxpas waren sie nicht gestoßen. Auch direkte Zeitzeugen – einschließlich des damaligen Haupt-akteurs Erich Hahn, Hagers Politbürokollegen Egon Krenz und Hagers Tochter – versicherten mir, erst durch mich davon erfahren zu haben. Aber auch ich war nur zufällig drauf auf-merksam geworden und ging erst drei Jahrzehnte später damit an die Öffentlichkeit.  Auch darauf hat offenbar nur einer reagiert: Ilko-Sascha Kowalczuk erwähnt den Vorfall in seiner Rezension und urteilt, meine Schilderung wäre „wirklich köstlich“. Nach den Hintergründen fragt auch er nicht.

Wer war für Hagers Fauxpas verantwortlich, ein übermüdeter Setzer? Ein unaufmerksamer Korrektor? Oder ein Saboteur? Und: wurde der Verantwortliche dafür bestraft, wurde der Fehler korrigiert, wie und wann? 

Auch dafür hat sich bisher keiner interessiert.  Ich schon.  Mehr als vier Jahrzehnte später fand ich heraus, dass der sinnentstellende Fehler kein Sabotageprodukt ist. Der Fehler stand von Anfang an in Hagers Text. Der Politiker hat einfach nicht sorgfältig genug Korrektur gelesen, und die Korrektoren vom SED-eigenen Dietz Verlag auch nicht.


dpa lenkt mit Angst vor Biowaffen von Afghanistan ab

So oder so ähnlich machten am 30. Dezember 2020 fast alle deutschen Tageszeitungen auf, begleitet von entsprechenden Meldungen in Funk und Fernsehen. Gleichzeitig wurde ausführlich über ein Interview berichtet, das Stoltenberg einem dpa-Journalisten gegeben hatte. Dazu heißt es beispielsweise in der Berliner Zeitung unter der Überschrift"Müssen auf Eisatz vorbereitet sein" gleich einleitend, der Generalsekretär habe "in eindringlicherweise vor der Gefahr eines Biowaffenangriffs gewarnt".

Das war irreführend. Nicht der NATO-Generalsekretär warnte vor biologischen Kampfmitteln, sondern dpa. Stoltenberg artikulierte in dem Interview statt dessen vor allem Sorgen über die beunruhigenden Entwicklungen in Afghanistan. Die sollten ja dann einige Monate später mit einem der größten Fiaskos der NATO enden.

Was war los?

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